CE-TRADE DigitalMarkt August 2022

18 CEplus-Infos im interaktiven CE-ePaper auf www.ce-trade.de 8/2022 MARKETING rektverkauf-Varianten kreiert, die auf den ersten Blick nicht auffielen: Für Neuvorstellungen, besonders in den Bereichen TV und Smartphone, wird den Kunden Vorabbestellung oder Re- servierung offeriert. Manchmal auch mit dem kleinen Hinweis, die Bestel- lung beim Hersteller würde trotz einer möglichen Warenknappheit die zeit- nahe Lieferung garantieren. Der Handel hat geschlossen, wir können liefern Ein Alibi für die Direktvermarktung gab es glücklicherweise auch, Co- rona musste dafür herhalten. Beim Lockdown waren die Hersteller so freundlich, Kunden auch dann zu beliefern, wenn die Geschäfte der Händler geschlossen bleiben mussten. Und wa-rum sollte man bei den ak- tuellen Corona-Lockerungen das gute Geschäftsmodell nicht beibehalten? Mit der Folge, dass immer mehr Her- steller die Stufe Fachhandel umgehen und damit versuchen, die Spanne des Handels auf dem eigenen Konto zu verbuchen. Eine Entwicklung, die nahelie- gend von den Vertretern des Handels, den Kooperationen, kritisch gesehen wird Wir haben nachgefragt: Frank Harder , Vorstand für Ver- trieb, Marketing und E-Commerce der expert SE: „Wir sehen das eher kri- tisch, beobachten das Verhalten und die Entwicklung der eigenen Vertriebs- aktivitäten der Hersteller sensibel und passen, wo notwendig, unsere eigenen Sortimente als sinnvolle Reaktion an. E s begann schon Ender der 90er Jahre, der Direktverkauf der In- dustrie an Endkunden unter Aus- schluss des Handels. Eigentlicher Erfinder dieser Direktvermarktung war der Boss von Bose Deutschland, Anton Schalkamp. Aber er hatte ei- ne Fair-Trade-Methode entwickelt. Der Händler in dessen Einzugsgebiet Bose ein Direktgeschäft gemacht hat- te, bekam seine anteilige Provision. Er konnte also Geld verdienen, ohne selbst aktiv werden zu müssen. Alle waren zufrieden, keiner beschwerte sich, und auch das Kartellamt sah keinen Grund einzuschreiten. Kaufen Sie bei dem, der es erfunden hat Das ist heute leider ganz anders. So schaltet Dyson TV-Werbung mit dem Aufruf, direkt bei Dyson, dem Erfin- der zu kaufen. Obendrauf gibt es dann die automatische Produktregistrierung mit all ihren Vorteilen. Ein anderer Kandidat ist Sonos. Beim Marktstart nutzten die ach so cleveren Ame- rikaner den Handel, um Marke und Produkte bekannt zu machen. Das gelang, denn die Netzwerklautspre- cher waren zur damaligen Zeit nahezu einzigartig. Doch als sich der Name Sonos im Markt gefestigt hatte, kam das Unternehmen auf die Idee, die Handelsspanne selbst einzustreichen. Man startet das Direktgeschäft, mit Internet ist das ja so einfach. Neben diesen krassen Beispielen wurden von einigen Herstellern Di- Gleichzeitig sehen wir es aber auch gelassen, da wir im Gesamtpa- ket als neutraler Anbieter arbeiten. Unsere Kunden wollen sortiments- bezogen und nicht markenbezogen einkaufen. Wir bieten ihnen eine ausgewählte Marktübersicht inklusive Testmöglichkeit und unabhängigen Erfahrungsberichten. Wir sind der festen Überzeugung, dass diese Funk- tion und Leistung nur der inhaberge- führte Fachhandel bieten kann und wir damit der besserePartner für die Kunden sind. Denn häufig kommen sie mit einer konkreten Vorstellung zu uns, aber möchten sich dann trotzdem erstmal einen Überblick verschaffen. Und diese gute, zuverlässige und aus- gewählte Marktübersicht inklusive der Testmöglichkeit können nur wir Händler bieten. Und auch das The- ma unabhängige Beratung wird für die Konsumenten immer wichtiger. Unsere Fachberater helfen gern, das passende Produkt zu den jeweiligen Bedürfnissen zu finden.“ Kooperationen setzen auf diplomatische Gespräche Der Kommentar von Frank Harder vermittelt den Eindruck, es sei zwar ein wichtiges Thema, aber allzu deutli- che Kritik an seinen Industriepartnern wird tunlichst vermieden. Auch Udo Knauf , telering Geschäftsführer, ver- meidet offenen Kritik an der Industrie: „Wir sind in stetigem und kon- struktivem Austausch mit unseren Lieferantenpartnern hinsichtlich der Immer stär- ker baut die Industrie ihre Direktver- marktungs- Aktivitäten zu Lasten des Handels aus. Frank Harder – ist überzeugt, der Kunde sucht die Auswahl, die er beim Angebot der Industrie nicht findet, und er kann die Geräte anderer Hersteller nicht vergleichen. D2C – ÄRGERNIS DIREKTVERKAUF DER INDUSTRIE AN ENDKUNDEN Was sagen die Kooperationen zu der Industrie-Konkurrenz? Karl Trautmann – kritisiert, dass die Industrie durch ihren Direktverkauf die Wertschöpfungskette zu Lasten des Han- dels in ihre Richtung verschieben will. Udo Knauf – glaubt, die Direktvermark- tung der Industrie ist nicht umkehrbar, deshalb muss der Handel seine Kunden mit Service und Beratung finden. Wir haben die Kooperatio- nen gefragt, wie sie auf die Industrie als direkten Konkurrenten ihrer Mitglie- der reagieren. Natürlich ist man verärgert und erwartet Gespräche mit den Herstel- lern. Unbe- stritten ver- liert der Han- del durch die Maßnahmen der Industrie Geld, was kann man tun?

RkJQdWJsaXNoZXIy MjE2Mzk=